Ein Interview

Faszination & Emotion

Delficus Graf Douglas und Lucas Graf Strachwitz im Gespräch über pre-owned Uhren und Vintageuhren.

Wie entstand die Idee auch Vintage- und pre-owned Uhren anzubieten? 

Douglas: Lucas und ich teilen eine Leidenschaft für die Uhrenindustrie im Allgemeinen, sowie für Vintageuhren im Speziellen. Es ist die Erinnerung an Vergangenes, die diese Uhren so besonders macht. Zudem fiel uns auf, dass die Nachfrage der Kunden nach Vintage- und pre-owned-Modellen sich mit der Zeit immer stärker ausprägte und wir stellten fest, dass dieser Markt eigentlich nicht seriös bedient wurde.

Strachwitz: Ganz genau. Pre-owned Uhren sind Modelle, die schon ein paar Jahre Geschichte geschrieben haben, die es vielleicht so nicht mehr gibt und die an vergangene Ereignisse erinnern. Wenn man eine gebrauchte Uhr kauft, ist es wichtig zu wissen, woher die Uhr stammt und jemanden zu haben, dem man dabei vertrauen kann. Diese Lücke wollen wir schließen.

Inwiefern haben sich klassische Uhrenmodelle von heute im Vergleich zu früher verändert?

Douglas: Neben technischen Erneuerungen, wie z. B. Siliziumfedern, hat sich auch die Größe der Uhr verändert. Wo früher 37 mm eine gängige Herrengröße war, werden viele Klassiker heute nur noch ab 40 mm gebaut.

Was macht für Euch einen echten Uhren-Klassiker aus?

Strachwitz: Es gibt viele Faktoren, die einen Klassiker ausmachen. Zum Einen, dass ein bestimmtes Uhrenmodell über viele Jahrzehnte nicht aus der Mode kommt, zum Anderen weisen einige „Klassiker“ ein Design auf, das einerseits eigenständig genug ist, um der Uhr einen hohen Wiedererkennungswert zu sichern, andererseits aber auf allzu große Zugeständnisse an kurzlebige Modetrends verzichtet.

Was denkt Ihr, macht eine mechanische Uhr im digitalen Zeitalter so interessant?

Douglas: Alles um uns herum wird heutzutage digitaler und automatisierter. Vielleicht wissen heute genau dadurch viele unserer Kunden die traditionelle mechanische Uhrmacherkunst wieder mehr zu schätzen.

Ihr meint dies ist eine Art Gegenbewegung zur Apple Watch?

Strachwitz: Vielleicht. Heute ist alles extrem vernetzt, wir sind überall erreichbar, kaum jemand liest noch Bücher oder Zeitungen auf Papier – genau in so einer Zeit ist es ab und zu wichtig, auch das Gegenteil davon nicht aus den Augen zu verlieren.

Was ist das Besondere an Vintageuhren?

Douglas: Ich denke, dass eine Vintage-Uhr eine Art Zeitmaschine ist, die dich durch ihr Alter in eine andere Epoche versetzt. Jeder erinnert sich gern durch eine Vintageuhr an eine bestimmte Zeit oder denkt an ein Erlebnis zurück, welches durch die Uhr präsent bleibt.

Wer kauft lieber Vintageuhren – Herren oder Damen?

Strachwitz: Es sind tatsächlich eher Männer, die sich dafür begeistern und die sich auch mit älterer Technik auseinandersetzen.Vielleicht sind die Damen dann doch oftmals eher im Design Zuhause. Das Eine schließt das Andere zwar nicht aus, aber die Faszination Uhr hat eben meist viel mit Technik zu tun.

Inwiefern unterscheidet sich das Arbeiten mit pre-owned- und Vintageuhren von dem mit neuen Modellen?

Douglas: Die Beschaffung ist erst einmal ein Riesenunterschied, da es nicht so leicht kalkulierbar ist, eine Uhr aus einem bestimmten Jahr auch zu bekommen. Wir müssen speziell auf die Suche nach ihr gehen! Dabei greifen wir auf ein sehr großes, bestehendes Netzwerk zurück. (lacht) Wir fühlen uns wie Scouts des Uhrenmarktes.

„Eine Vintageuhr ist eine Art Zeitmaschine, die dich in eine andere Epoche versetzt.“

Was wäre Eure Traum-Vintageuhr?

Strachwitz: Oh, das ist gar nicht so leicht zu sagen, da gäbe es schließlich einige! Auf jeden Fall wäre eine Omega Speedmaster Professional aus dem Jahre 1969 dabei, Stichwort „Mondlandung“ oder eine „Paul Newman“ Daytona von Rolex.

Douglas: Dazu gibt es eine ganz schöne Geschichte: 1972 hat die Frau von Paul Newmann ihrem Mann eine Daytona geschenkt, mit der Widmung „Drive Carefully – me“ und genau diese Uhr wurde am 26. Oktober in New York für 15.3 Millionen Euro versteigert. Dies zeigt, wie begehrt bestimmte Vintageuhren heute sind.

Apropos Anekdoten: Vintageuhren erzählen Geschichten. Welche Geschichte einer Vintageuhr ist Euch in Erinnerung geblieben?

Strachwitz: Früher waren Uhren ja Instrumente, mit denen Piloten oder Rennfahrer gearbeitet haben. Ein Pilot, der in den 70er Jahren für die US Airforce flog, hatte 1975 eine Uhr für circa 1000 US Dollar gekauft. Er verlebte seinen Ruhestand in einem kleinen Ort in Ame- rika und hat das digitale Zeitalter dort nicht wirklich mitgekriegt. Vor zwei Jahren dann kam er auf die Idee seine Uhr zu verkaufen, ohne auch nur die leiseste Vorstellung davon zu haben, was sie mittlerweile Wert war. Er brachte also seine Uhr inklusive aller Papiere und Kaufquittungen, etc. zum Auktionator und bekam von diesem zu hören, dass er eine Uhr von mittlerweile sehr hohem Wert besaß – seine Reaktion war unbezahlbar.

Gibt es einen Uhrentrend von früher, der gerade ein Revival erlebt?

Douglas: Es gibt bei Uhren nicht Trends, wie etwa in der Mode, da es bei Uhren auch immer viel um Traditionen geht. Wenn ich aber einen Trend festmachen müsste, dann gibt es vielleicht eine kleine Tendenz zu gelbgoldenen Uhren. Audemars Piguet baut seit diesem Jahr zum Beispiel einige Modelle wieder in Gelbgold.

Wie sieht die Instandhaltung einer pre-owned - oder Vintageuhr genau aus?

Strachwitz: Für die Instandhaltung ist es vor allem wichtig, dass man die Ersatzteile der alten Mechanik noch bekommt. Die Originalität aller Teile ist ein sehr wichtiges Detail, gerade bei Vintage-Uhren.

Lässt sich denn fast jede Vintageuhr retten?

Douglas: Das kommt auf den Zustand an. Ist ein gewisser Zerstörungsgrad erreicht, lässt sich nichts mehr tun. Neulich hatten wir eine Uhr von Audemars Piguet aus dem Jahr 1979 bei uns, da war das Uhrwerk lei- der nicht mehr zu retten und musste erneuert werden. Trotzdem versucht man natürlich so lange wie möglich, die Urbestandteile einer Uhr beizubehalten. Wie Lucas schon angedeutet hatte, weil moderne Ersatzteile in einer alten Uhr auch immer einen Wertverlust bedeuten.

Strachwitz: Transparenz ist da ein ganz wichtiges Thema. Heute gibt es Fälle, da wurden Ziffernblätter gefälscht, indem sie für zwei Monate unter der Erde vergraben wurden, damit sie einen Vintage-Charakter bekommen. Alles, um den Preis zu vervielfachen.

Douglas: Uns ist es extrem wichtig zu wissen, wo eine Uhr ganz genau herkommt. Bei uns werden erst die Uhren im Haus überprüft und danach noch einmal von einem externen Uhrmacher kontrolliert. Das machen wir mit Vintage- ebenso, wie mit pre-owned-Uhren.

Was würdet Ihr jemandem raten, der zwischen einem neuen Modell und einem älteren hin- und hergerissen ist?

Strachwitz: Eine Vintageuhr ist nicht unbedingt eine Uhr für jeden Tag. Das ist wie mit einem Jaguar „E Type“, mit dem die meisten auch nicht jeden Tag ins Büro fahren würden. Mit einer Vintageuhr würde zum Beispiel auch nicht jeder zum Sport gehen, wo hingegen eine neue Uhr unserem modernen Alltag angepasst ist.

Es ist also keine Entweder-Oder Frage?

Douglas: Genau. Das Eine ist die Faszination für innovative Technik und bei dem Anderen kommt noch die emotionaleVerbundenheit zu einem bestimmten Jahr oder einer Zeit hinzu. Das macht den Unterschied. Es ist also eigentlich keine Substitution, sondern eher eine Ergänzung.Wir versuchen den Kunden immer dahin- gehend zu beraten, was individuell zu ihm oder seiner Sammlung passt. Will sich derjenige einfach belohnen oder möchte er eine Erinnerung an ein für ihn besonde- res Jahr. Es geht da immer sowohl um Intention, als auch um Emotion.

Das Interview wurde 2018 geführt.